Widersprüchlichkeit: Gut & schlecht

Im Gespräch mit islamkritischen muslimischen Nachbarn, mit denen ich befreundet bin, über die Sicht vieler Menschen aus islamischen Ländern auf Europa und insbesondere auf Deutschland, habe ich heute dies erfahren:

● Islam ist nach Meinung gläubiger Muslime gut — aber in Ländern, in denen Islam die Religion ist, ist das Leben schlecht.

● In Europa ist der Islam nicht die Religion, deshalb sind die Menschen dort schlecht — aber das Leben in Europa und insbesondere in Deutschland ist, auch aus Sicht gläubiger Muslime, gut.

Seltsam.


Achillesferse

In Berichten, Diskussionen und Debatten zum Thema Islam vermisse ich häufig eine Frage, die vielleicht zum heikelsten gehört, mit dem man Apologeten, Sympathisanten, Funktionäre und andere konfrontieren kann:

Gibt es in den islamischen Quellen eine Aussage, die Religionsfreiheit im Islam garantiert, also das Recht, den Islam zu verlassen und zu einer anderen Religion zu konvertieren oder keiner Religion mehr anzugehören ?

Oder, ein wenig anders formuliert:
Gibt es Religionsfreiheit im Islam — oder steht islamrechtlich auf Apostasie (Ridda (arabisch ردة) oder Irtidād (ارتداد)) die Todesstrafe ?

Die Frage berührt die Achillesferse des Islams — denn die Religionsfreiheit lässt keinen Ermessensspielraum.

Die Frage nach der Religionsfreiheit im Islam könnte mit dem Hinweis „Es gibt keinen Zwang im Glauben“ gekontert werden, ein Satz, der gern zitiert wird, um eine Toleranz des Islams in Glaubensfragen zu suggerieren, jedoch ohne dass eine genaue Quellenangabe dazu gemacht wird. Also kann man zunächst nach der genauen Herkunft des Satzes fragen und erhält als Antwort eventuell nur, dass es so im Koran steht. Doch daraus ergibt sich die nächste Frage: Wo im Koran steht es (Sure, Vers)?
Nun, es steht in Sure 2 Vers 256; allerdings enthält dieser Vers noch einige weitere Sätze, durch die der Eingangssatz „Es gibt keinen Zwang im Glauben“ sehr relativiert wird. Auch gibt es zum Offenbarungsanlass dieses Verses mehrere Deutungen — siehe den Beitrag Kein Zwang in der Religion in der Wikipedia.


Wann, wo und wie

In der Vorstelleungswelt vieler Menschen aus verschiedenen Kulturepochen, Ländern und Kontinenten wurde die Welt einst erschaffen. Dies spiegelt sich in etlichen Schöpfungsgeschichten und Schöpfungsmythen wider.

Einen Aspekt vermisse ich in all diesen Erzählungen jedoch:

Wann, wo und wie wurde die Welt erschaffen ?

Die Frage nach dem Wann wird sich nicht beantworten lassen, da keine Zeitzeugen bekannt sind.

Bei der Frage nach dem Wo wird es ein wenig einfacher, denn im Universum kann die Schöpfung nicht stattgefunden haben, da die Welt seinerzeit ja erst erschaffen wurde. Also kann man vermuten, dass die Welt außerhalb des Universums erschaffen wurde, auch wenn diese Annahme keine befriedigende Antwort liefert.

Das Wie der Erschaffung der Welt bleibt völlig im Dunkeln, da wir über die Werkzeuge und Möglichkeiten eines Schöpfers nichts wissen; wir können dazu lediglich Glaubenssätze formulieren.

Bleibt noch die Frage nach dem Warum und Wozu. Möglicherweise ist es uns Menschen vorbehalten, in die Welt und damit auch in unser Dasein um der Selbsterhaltung und der psychischen Gesundheit willen einen Sinn hineinzuinterpretieren.


Auf und ab

Kritikern beispielsweise des Islams wird bisweilen der Vorwurf des Rassismus gemacht. Als Reaktion auf diesen Vorwurf folgt dann manchmal der Hinweis, dass Islam keine Rasse ist.

Der Begriff „Rassismus“ wird seit langer Zeit als Synonym für „Diskriminierung“
(= Ausgrenzung) verwendet, weil das Wort „Rassismus“ stärker emotionalisiert, auf Effekthascherei und Aufsehenerregen setzt als das trockene „Ausgrenzung“ — auch wenn der Begriff „Rassismus“ überhaupt nicht plausibel ist.

Bei der Ausgrenzung kommt hinzu, dass sie in zwei Richtungen erfolgen kann: nach unten und nach oben.

● Die Ausgrenzung nach unten kann einhergehen mit Abwertung, mit Benachteiligung, mit Unterdrückung, mit Herabsetzung, Herabwürdigung, mit Zurückweisung, … nur aufgrund von Herkunft, Abstammung, Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung, obwohl diese kein Fehlverhalten sind, aber auch nicht das Gegenteil von Fehlverhalten — auch wenn das Befolgen z.B. religiöser Gebote und Vorschriften oder ideologisch bedingte Verengungen zu Fehlverhalten führen können.

● Die Ausgrenzung nach oben kann einhergehen mit Aufwertung, mit Bevorzugung, mit Herausheben, mit Erhöhung, gar mit Überhöhung, mit Einbeziehung, … ebenfalls nur aufgrund von Herkunft, Abstammung, Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung.

Obendrein gibt es die Selbstausgrenzung, die überhaupt nicht ins Konzept des „Rassismus“ passt.

In unserer Verfassung, dem GG, im Artikel 3 Satz 3, ist nicht von Ungefähr die Rede davon, dass niemand [aufgrund von …] benachteiligt oder bevorzugt werden darf.
Vielleicht ist eine solch differenzierende Erklärung aber zu kompliziert; also plärren manche einfach nur „Rassismus“ — das ist so schön eingängig. Dabei ist der Vorwurf des „Rassismus“ aufgrund seiner eigenen Maßstäbe jedoch selbst „rassistisch“.

Der tunesische Soziologe Albert Memmi (1920-2020) definierte „Rassismus“ wie folgt:

Rassismus erfüllt eine bestimmte Funktion. (…) Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver biologischer Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der eine Aggression gerechtfertigt werden soll.

Interessengeleitet wird dieser Satz oft verkürzt und entstellt wiedergegeben:

Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.

In dieser verkürzten Version verliert Memmis These ihre Plausibilität.


Bei Gott

Bei Gott kann man keine Aktivitäten, keine Wirkungen und keine Wechselwirkungen feststellen, die sich nachweislich auf Gott zurückführen lassen.

Folglich kann man Gott von etwas, das nicht existiert, gar nicht unterscheiden.

„Gott“ — Göttinnen und Götter — sind lediglich Sinnbilder, Ideen in den Köpfen von Menschen, Hirngespinste.

Mögliche Aktivitäten, Wirkungen und Wechselwirkungen können also nur auf diejenigen Menschen zurückgeführt werden, die anderen Menschen ihre Idee von „Gott“ mitteilen.


Sobald

«Sobald Menschen anfangen, ihre außerhalb rationaler Erkenntnis befindlichen Glaubenssätze absolut zu setzen und auch noch mit Strafnormen zu versehen, wird es gefährlich.»

(Autorin unbekannt)